Theisenkopfturm 1600

 Der Theisenkopfturm, das Wahrzeichen des Schwarzwaldvereines Schiltach + Schenkenzell

Die Ortsgruppe Schiltach + Schenkenzell des Schwarzwaldvereines blickt schon auf eine mehr als 125-jährige Geschichte zurück. Ursprünglich aus dem Verschönerungsverein Schiltach entstanden, wird der Geburtstag auf den 14. April 1888 datiert. Obwohl kaum schriftliche Zeugnisse aus der Gründerzeit vorliegen, reifte bereits Anfang des 20. Jahrhunderts der Wunsch nach einer Schutzhütte. Einige Jahre vor dem 1. Weltkrieg endlich entschieden die etwa 70 Mitglieder, vorwiegend eine elitäre Gesellschaft der Schiltacher Oberklasse aus Bankdirektor, Sägewerksbesitzer, Lehrer, Apotheker, Bürgermeister und Stadtpfarrer, einen Aussichtsturm zu bauen, der den Wanderern auch als Raststätte und Schutzhütte dienen sollte. Der gewählte Standort auf dem 760 Meter hohen Theisenkopf stellt ein Kuriosum dar: erbaut von einem Schiltacher Verein - auf Schenkenzeller Gemarkung - auf einem Grundstück, das der Fürstlich Fürstenbergischen Forstverwaltung gehört. Die weitreichende Aussicht vom über 2 Stockwerke führenden 8 Meter hohen Turm auf die näheren Schwarzwaldgebirge, die Rauhe Alp, Hohenzollern und die Alpen waren wohl überzeugende Argumente für die Entscheidung. Die Bauphase begann im Frühjahr 1911 und obwohl sich die Vollendung durch die Kriegswirren über Jahre hinzog, wurde die Einweihung bereits am 15. Oktober 1911 gebührlich gefeiert. Die veranschlagte Summe von 1.066 Mark erhöhte sich durch die verzögerte Fertigstellung auf 1.400 Mark. Die Lieferung der behauenen, massiven Sandsteine für den 1,5 Meter hohen Turmsockel zu einem Preis von 64 Mark plus 3 Mark Trinkgeld und die Erstellung der Außen-Holzverkleidung zu einem Preis von 400 Mark ist dokumentiert. Theisenkopfturm Einweihung 1911 01 klein

Zur festlichen Einweihung fanden sich viele prominente Persönlichkeiten ein. Die Stadtkapelle Schiltach gab den musikalischen Rahmen und so wurde die Einweihung zu einem volksfestähnlichen Ereignis und der Turm fortan zum offiziellen Wahrzeichen des Vereines gewählt.

Ein Zitat aus einer Chronik mag die Stimmung veranschaulichen: „Der Zauber der Natur und freundlich teilnehmendes Sonnenlicht stimmten alle auf dem Theisenkopf Versammelten festlich. Der Gipfel war lustig bevölkert; aus der ganzen Gegend hatten sich naturfrohe Menschenkinder droben versammelt und manches zierliche Trachtenjüngferchen erfreute das Aug´.“

In den Zeiten der beiden Weltkriege fand nur ein sehr eingeschränktes Vereinsleben statt und so fristete auch der Turm in dieser Zeit ein Schattendasein. Aus Aufzeichnungen gibt es Kenntnis von mehreren Sanierungen: die erste war nach dem 1. Weltkrieg im Jahre 1920 mit einer Verschindelung und Reparatur des Turmes, 1954 gab es eine weitere Instandsetzung des Turmes.

Auch von Sturmschäden durch umfallende Bäume im Jahre 1993 blieb der Turm nicht verschont. 1995 bis 1997 wird von einer größeren Sanierung berichtet, die den zur damaligen Zeit stattlichen Betrag von 22.000 DM kostete. Der hohe Aufwand war leider auch eine Auswirkung von berichteten mutwilligen Zerstörungen. Die letzte Renovierung datiert aus dem Jahre 2007, bei der ein Teil der Treppen und defekte Schindeln ersetzt werden mussten.

Im Winter 2014 gab die kalte Zugluft der undichten Fenster bei einer Feuerzangenbowle im ehrwürdigen Turm den Anlass für eine weitere Sanierung. Bereits kurz nach Beginn zeichneten sich die Reparaturarbeiten zu einem Fass ohne Boden ab, denn Baufehler, Wetter und Tierschäden hatten einige Teile des Turmtragwerkes so stark in Mitleidenschaft genommen, dass der Verschleiß und die Abnutzungserscheinungen der letzten Jahre jetzt nun eine umfassendere Sanierung zwingend notwendig erscheinen ließen. Für den Schriftführer und Turmwart Fritz Münkle war es eine Herzensangelegenheit, sich der Sanierung zu widmen. Von 2015 bis 2017 opferte er nahezu seine gesamte Freizeit, die notwendigen Arbeiten zu organisieren, koordinieren und auch finanzielle Geldgeber zu gewinnen. Nach Erneuerung tragender Elemente, der Außenfassade aus heimischen Douglasienholz, Isolierglasfenstern im Turmstüble und neu gestalteter Fensterluken war klar, dass die Erneuerung erst mit der Gestaltung des Außenbereiches abgeschlossen sein würde. Nach längerer Anlaufzeit war es dann im Oktober 2016 unter tatkräftiger Mithilfe eines Schenkenzeller Bauunternehmers möglich, die nunmehr endgültige Form zweier Aussichtsterrassen in das schwierige Hanggelände zu integrieren. Die zwei Vorsitzende, die bereits die Holzvertäfelung im Turmzimmer anbrachten, vervollständigten die Sitzgarnituren auf der Terrasse und brachten mit der Anfertigung einer Sonnenliege die Außenanlage zum Abschluss.

Nahezu am Ende seines Schaffens verstarb Fritz Münkle überraschend und unerwartet und konnte leider nicht mehr die Früchte seiner unermüdlichen Tätigkeit genießen. Die restlichen Arbeiten wurden noch in seinem Sinne fortgeführt und stehen nun sowohl den Mitgliedern als auch den Gästen des Schwarzwaldvereines zur Verfügung.

Damit entspricht der Verein dem Wunsch vieler Wanderer, die nicht den Turm allein als Schutzhütte und Aussichtsturm nutzen, sondern die gesamte Anlage als Rastpunkt inmitten freier Natur mit herrlichen Aus- und Rundblicken auf das Kinzigtal und die rings um Schiltach und Schenkenzell liegenden Schwarzwaldberge zum erholsamen Verweilen aufsuchen. Zahlreiche positive Einträge im Turmbuch begeisterter Wanderer und Besucher - nicht zuletzt unseres derzeitigen Landesvaters und seiner Ehefrau - rechtfertigen im Nachhinein die Mühe und aus vielen direkten Gesprächen mit Wanderern wird der Verein in diesem Ansinnen bestärkt und ist stolz, dass das bisher Erreichte volle Anerkennung und Lob findet. Auch mancher Wanderer bevorzugte bei fortgeschrittener Abendstunde auf dem Mittelweg die harten Bohlen im 1. Stock des Turmes für das Nachtlager gegenüber einer Übernachtung in freier Natur, auch wenn er die Gesellschaft mit einem Siebenschläfer teilen musste, der bisweilen ebenfalls die Vorzüge einer kostenlosen Unterkunft im Turmzimmer zu schätzen weiß.

So ist der SWV Schiltach + Schenkenzell e.V. auch weiterhin bemüht, Erholung und Ruhe suchenden Besuchern einen Platz in angemessener Form bereitzuhalten und die Anlage zu pflegen.

Eine Symbiose aus ehrenamtlicher engagierter Arbeit vieler Mitglieder, zuverlässiger örtlicher Handwerker, selbstloser Sponsoren sowie finanzieller Unterstützung des Hauptvereines und der beiden Gemeinden Schiltach und Schenkenzell haben den Theisenkopfturm zu einem Juwel für Wanderer und Erholungsuchende gemacht.
Dem ehemaligen Turmwart Fritz Münkle gebührt mit einer Gedenktafel Dank für sein unvergessenes Bemühen um das Wahrzeichen des Schwarzwaldvereines. Der Abschluss der Kraft kostenden Sanierung ist aber auch ein Anlass, das Erreichte mit einem Turmfest für die Mitglieder zu würdigen, dass der Verein noch vor dem Sommer austragen will.

8.5.2019
KHK